Koelner Stadt-Anzeiger
20.08.1997

Die Kölner verraten sich mit jedem Wort

Studie untersucht, wann und wo in der Stadt Kölsch gesprochen wird - "Eine Insel im Rheinland" - Halbzeitbericht vorgestellt

Von unserer Redakteurin
Ute Kaltwasser

In keiner anderen Großstadt, ob Berlin, Hamburg oder München, ist die Stadtsprache - in diesem Fall Kölsch - noch so lebendig und gebräuchlich wie in Köln. Und keine andere Großstadt ist deshalb so geeignet wie Köln, um erstmals den Sprachalltag einer Metropole wissenschaftlich zu untersuchen und den Fragen nachzugehen: Wieviel Kölsch wird noch gesprochen, wann und wo? Seit gut einem Jahr läuft das Projekt "Alles Kölsch", finanziert mit mehr als 250 000 Mark von der SK Stiftung Kultur der Stadtsparkasse und durchgeführt von Mitarbeitern der Akademie för uns kölsche Sproch und des Amtes für rheinische Landeskunde Bonn des Landschaftsverbandes Rheinland. Um erste Ergebnisse vorzustellen, hatte Hans-Georg Bögner, Geschäftsführer der Stiftung, gestern in eine typisch kölsche Kneipe, ins Brauhaus Päffgen, geladen.

Kneipen, Märkte, Geschäfte, Vereine waren auch die bevorzugten Orte, an denen die Interviewer ihre Gesprächspartner suchten. Sie waren nicht dem literarischen oder Bühnenkölsch auf der Spur, sondern den unverfälschten Tönen, wie sie an der Theke, bei Grillabenden, unter Freunden zu hören sind. "Hier wird quer durch die Gesellschaft Kölsch gesprochen, bis hin zum Oberbürgermeister, und das prägt diese Stadt", gab Projektleiter Wolfgang Bitter von der Akademie ein Teilergebnis der noch bis 1998 laufenden Studie weiter.

Kölsch sei zwar nicht mehr die vorherrschende Sprache auf dem Schulhof, doch manche Jugendgruppen bedienten sich wieder bewußt des Kölschen, um sich von anderen abzugrenzen. Auf der anderen Seite begegne man auch türkischen Jungen, die besser Kölsch sprechen als ihre in Köln geborenen Nachbarsjungen. Ein richtiger Kölner könne seine sprachliche Herkunft kaum verleugnen. Selbst wenn er sich bemühe, Hochdeutsch zu sprechen, benutze er unbewußt "dat, wat, et" oder ersetze ein "g" durch ein "j" wie bei "hinjejange".

Auch dies läßt sich nach den ersten Teilstudien schon sagen: Der höchste Anteil von gebürtigen Kölnern wohnt in Mülheim (15 Prozent), gefolgt von Nippes und Kalk. In Rodenkirchen leben die wenigsten echten Kölner (9,2 Prozent).

Fritz Langensiepen, Leiter des Amtes für rheinische Landeskunde, glaubt an die Zukunft der kölschen Sprache, weil sie "hier nicht verteufelt wird, wenn man sie spricht. Darin ist Köln eine Insel im Rheinland." Nicht zu unterschätzen sei auch die Arbeit der Akademie för uns kölsche Sproch, die das Bewußtsein für den Wert der Stadtsprache wachhalte. Die Ergebnisse der Studie, die zudem ein Porträt der Alltagskultur Kölns zeichnet, sollen in Schrift und Ton veröffentlicht werden.


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